Everytime I Feel The Spirit – Schulprojekt mit dem Gymnasium Winsen 05.05.17

Wir haben in 2 x 2 Tagen eine eigens für dieses Projekt von Uwe umgeschriebene Suite aus Gospel und Spirituals erarbeitet, die er ursprünglich für eine finnische Radio-Bigband komponiert hat. Gemeinsam mit Sup. Christian Berndt aus Winsen haben wir heute ein atmosphärisch sehr dichtes „geistliches Konzert“ erlebt – mit ungewohnten Klängen für die Winsener St. Marienkirche.

St. Marien, Winsen – 5. Mai 2017 / 17 Uhr

Everytime I Feel the Spirit

Ein Schulprojekt mit Schülern des Gymnasiums Winsen,
Wilfried Bokelmann, Uwe Steinmetz, Daniel Stickan und Sup. Christian Berndt

The Water is wide (Traditional / Arr.: Daniel Stickan)

In the Beginning God (Duke Ellington, 1st Sacred Concert, 1965)

Begrüßung

Piano solo: Everytime I feel the Spirit (African American Spiritual)

His Eye Is On The Sparrow (Gospel Hymne, Text: Civilla D. Martin, Komp.: Charles H. Gabriel)

Go Down, Moses (African American Spiritual, Text: 2. Buch Mose, 8.1)

Impuls

Sisters of Mercy (Leonard Cohen, 1967)

Sometimes I feel like a motherless child (African American Spiritual)

Nobody knows the trouble I have seen (African American Spiritual)

Freedom, Oh Freedom (African American Spiritual)

Precious Lord, Take My Hand (Gospel Hymne von Thomas A. Dorsey)

Abide with me (EG 488)

Abendsegen

Mondwald (Heinrich Isaac, Johann A. P. Schulz / Arr.: Uwe Steinmetz)

„Every man prays in his own language, and there is no language that God does not understand.” So beschrieb Duke Ellington den Geist (“Spirit”) hinter seinen drei liturgischen “Sacred Concerts” von 1965, 1968, und 1973, die in seiner letzten Schaffensphase als einer der bedeutendsten Jazzmusiker des Jahrhunderts entstanden und bis heute Vorbild sind für eine Begegnung von Jazz mit Geistlicher Musik.

In den zugrundeliegenden Texten der Suite des heutigen Konzerts geht es um die Beziehung von gläubigen Christen zu ihrem Gott. In den Spirituals ist es die persönliche Beziehungs- und Erlebnisebene, in den Gospels die der gläubigen, feiernden Gemeinschaft. So erzählen die Spirituals in der ersten Person: “Everytime I feel the spirit, I pray”; klagen: “Sometimes I feel like a motherless child”, „Nobody knows the trouble I have seen”; und erhoffen in Anlehnung an biblische Erzählungen die eigene Befreiung: “Go Down Moses”, „Freedom, Oh Freedom”. Spirituals stehen daher in der Tradition der Psalmen als persönliche Rede zu Gott in all ihren intimen Facetten und wurden in ihrer Entwicklung schnell konzertante und solistische Vortragsstücke außerhalb von Kirchen seit den 1880er Jahren. Gospels dagegen waren die ersten Hymnen für den Gemeindegesang in den neuen Kirchen des 20. Jahrhundert der Afroamerikanischen Gemeinden. Gospel-Hymnen haben liturgische Funktionen und werden in der Tradition der Ring Shouts traditionell von einem Vorsänger gesungen, dem ein Chor und die Gemeinde bekräftigend und kommentierend antwortet. Sie sollen in der Gemeinschaft Gottes Wirklichkeit erlebbar machen. Die beiden Solo-Stücke (Duo Steinmetz & Stickan) stehen für die Wurzeln vieler kirchlicher Melodien und Texte in der Folk Musik, in denen Erfahrungen des Alltags mit der Natur und der sehnsüchtigen Suche nach Heimat (The Water Is Wide) und Barmherzigkeit (Sisters of Mercy) anklingen. Schließlich spannt sich der musikalische Bogen des Abends mit 3 Abendliedern in unser evangelisches Gesangbuch hinein: „Abide with me“ („Bleib bei mir, Herr, der Abend bricht herein“ – EG 488) und der Komposition Mondwald über “Der Mond ist aufgegangen” (EG 482) und „Nun ruhen alle Wälder” (EG 477).

Bei dem Erstellen der Suite war es mir wichtig, die Intensität der Gottesbeziehungen und Gottesbilder in den Spirituals und Gospels zum Klingen bringen und gleichzeitig mein eigenes Gotteserleben zu reflektieren. Die Hoffnung auf eine freie(re) und gerechte(re) Welt ist mir nahe. Allerdings finde ich mich nicht wie Moses oder die afroamerikanischen Sklaven unfrei und gesellschaftlich ungerecht behandelt. Ich möchte daher auch keinen Gott der meine Feinde zur Not (wie bei dem Durchschreiten des Roten Meeres das Ägyptische Heer) umbringt, alleinig anbeten und halte die Rechtfertigung von Gewalt durch jede Religion für falsch, denn: “Mein Reich ist nicht von dieser Welt” (Johannes 18:36). Mein Handeln in dieser Welt steht aus Christlicher Perspektive unter dem unendlich weiten und nicht fassbaren Leben, Sterben und Auferstehen von Jesus Christus. Nach dem triumphalen und aufwühlenden “Go Down Moses” ist der zweite Teil der Suite getragen von klagenden Spirituals. Das kämpferische „Freedom, Oh Freedom“, ein zentraler Song in der Bürgerrechtsbewegung der USA, führt in das stille „Abide with me“, welches auf dem Sterbebett von William Henry Monk geschrieben wurde. In diesem stillen Lied klingt für mich die Hoffnung und Bitte an, dass über alles Streben nach Gerechtigkeit und Befreiung der wahrhaftige Frieden Gottes in unsere Leben und unseren Alltag wirken und klingen kann – auf immer wieder unerwartete, berührende und zarte Art. Everytime I feel the Spirit, I will pray.

Uwe Steinmetz, Mai 2017.

 

Programmblatt Everytime I Feel The Spirit